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Wärmeplanung Jena: Mehr Fernwärme, viel Strom, vielleicht ein bisschen Wasserstoff

Akteure der kommunalen Wärmeplanung sitzen in einem Plenum im Rathaus

[12. Dezember 2024]

Bei einem 3. Akteurstreffen haben das Hamburg Institut und die Stadt Jena einem Fachpublikum das mögliche Zielszenario für die kommunale Wärmeplanung vorgestellt. Wichtigste Ergebnisse: Auch wenn die Fernwärmeversorgungsgebiete wachsen, große Teile der Stadt werden künftig mit Strom heizen. Für kleinere Gebiete in der Nähe von Gewerbeansiedlungen könnte auch Wasserstoff eine Option werden.

Noch ist es ein Arbeitsstand, den die Planer von der Hamburg Institut Consulting GmbH (HIC) vergangene Woche einem Fachpublikum aus Politik, Wohnungswirtschaft, Handwerk und Industrie vorstellten. "Wir wollen mit Ihnen dazu ins Gespräch kommen, ihre Einschätzung hören und ihre Anregungen einfließen lassen", sagte Nico Jaeschke von HIC. Bis Februar seien noch Anpassungen an dem Planwerk möglich, danach solle der Endstand in einem weiteren Akteurstreffen sowie einem öffentlichen Bürgerdialog vorgestellt werden. 

41 große und kleine Quartiere anhand verschiedener Standortfaktoren geprüft und bewertet

In 41 mehr oder weniger große oder kleine Wärmeversorgungsgebiete haben die Planer von HIC das Stadtgebiet von Jena unterteilt. Für jedes dieser Quartiere wurden relevante Standortfaktoren anhand fester Kriterien analysiert und so die für die Hausbesitzer kostengünstigste, klimaneutrale Wärmeversorgung ermittelt. "Dabei haben wir einen Vollkostenansatz in fünf-Jahres-Scheiben bis zum Zieljahr 2035 zugrunde gelegt", erläuterte Nico Jaeschke. Eingeflossen sei allen voran die jeweilige Wärmeliniendichte, ein kalkulatorischer Wert, der die Wärmeabnahme pro Leitungsmeter pro Jahr in Megawattstunden angibt, und als Entscheidungsgrundlage dient, ob Fernwärme sinnvoll eingesetzt werden kann. Bewertet wurde auch die Bebauung vor Ort nach Sanierungsstand, aber auch nach Bebauungsdichte, was wiederum für Wärmenetze, aber auch für den Betrieb von Wärmepumpen wichtige Faktoren sind. Eingeflossen ist aber auch die vorhandene (Gas-)Leitungsinfrastruktur und deren Weiternutzungswahrscheinlichkeit als Wasserstoffnetz. Da in diesem Bereich die Unsicherheiten aber besonders hoch sind, wurden die in Frage kommenden Quartiere als Prüfgebiete ausgewiesen: Sie sollen bei der in spätestens fünf Jahren verbindlich anstehenden Novelle der Wärmenetzplanung noch einmal betrachtet werden.  

Heizen mit Strom in der Fläche, aber mengenmäßig hat Fernwärme die Nase vorn

Herausgekommen ist nun ein erster Übersichtsplan, der v.a. eine Farbe kennt: lila - für jene Gebiete, in denen künftig dezentral und mit Strom geheizt werden soll. Tatsächlich betrifft diese Empfehlung flächenmäßig große Teile des Stadtgebietes, die dünn besiedelt, mit Eigenheimen und Doppelhäusern mit relativ geringem Wärmeabsatz bebaut oder zu weit vom Fernwärmenetz entfernt sind. Gleichwohl haben die Planer von HIC eine ganze Reihe von Quartieren identifiziert, die mit Fernwärme erschlossen werden sollten. Und sie haben etwa eine Handvoll Quartiere benannt, die Prüfgebiete bleiben, weil sie in der Nähe von Industrieunternehmen oder -standorten liegen, die bei den Stadtwerken Jena Netze als Ankerkunden für eine mögliche Wasserstoffversorgung registriert sind.  

So klar der Blick auf die Karte flächenmäßig zugunsten des Heizens mit Strom ausgeht, so klar macht beim Blick auf die Wärmemenge die Fernwärme das Rennen. Decken zentrale Wärmenetze aktuell rund 43 Prozent des gesamten städtischen Wärmebedarfs von fast 1.000 Gigawattstunden jährlich, soll dieser Anteil künftig auf 69 Prozent anwachsen. Dafür wird ein Fernwärmeausbau in Jena-West und Jena-Nord, eine Verdichtung in Jena-Süd und die Erschließung von Jena-Ost/Wenigenjena empfohlen - und damit ziemlich genau jene Quartiere, die die Stadtwerke selbst bereits als lohnende Ausbaugebiete definiert und in der interaktiven Karte kommuniziert hatten. 

Information, Beratung, Förderung von Hausbesitzern: Maßnahmenplan empfiehlt best practices

Anders als die nahezu komplett lila gefärbte Karte nahelegt, sollen künftig "nur" etwa 23 Prozent des städtischen Wärmebedarfes dezentral, vermutlich über strombetriebene Wärmepumpen, gedeckt werden. Doch ist auch das ein enormer Aufwuchs mit allen Konsequenzen für einen schnellen Stromnetzausbau: Aktuell wird weniger als ein Prozent des Wärmebedarfes aus Strom gedeckt. Die noch als Prüfgebiete ausgewiesenen Gebiete betreffen etwa acht Prozent des jährlichen Wärmebedarfes.

Nach der Vorstellung des Zielszenarios entsponn sich eine durchaus lebhafte Diskussion, die sich v.a. um Themen der Verbindlichkeit und Umsetzbarkeit solcher Planungen rankte, aber auch sehr konkrete Maßnahmen zur Kommunikation, zur Beratung und finanziellen Unterstützung von Hauseigentümern einforderte. Solche Konzepte zu entwickeln, zu priorisieren und konkret zur Umsetzung zu empfehlen, ist ebenfalls Teil der kommunalen Wärmeplanung, informierte Projektleiterin Paula Moehring. Einen entsprechenden Maßnahmen- und Zeitplan entwickele HIC in den kommenden Monaten und stelle ihn ebenfalls im 1. Quartal 2025 gemeinsam mit den Wärmegebieten zur Diskussion. 

Mehr zur Energie- und Wärmewende finden Sie auf der Website der Stadtwerke Jena.